12.-18. Juli 2015 · Gymnaestrada in Helsinki
Grosse Ereignisse werfen ihre Schatten voraus: Eineinhalb Jahre vor dem Anlass beginnen die Trainings in den Regionen und später dann auch Zusammenzüge mit allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus der ganzen Schweiz.
Drei Wochen vor der öffentlichen Premiere beim Turnfest in Dörflingen (SH) hiess es heute noch einmal alles Durchspielen, die letzten Unsicherheiten entfernen und am Finish zu schleiffen. Das Wetter war wunderbar und einmal mehr konnten wir mit knapp 700 Gleichgesinnten am 31. Mai 2015 einen unterhaltsamen Übungstag in Luzern erleben.
So langsam kennen wir die Namen der Baselbieter Teilnehmer
So langsam kennen wir auch ein paar andere Namen aus den verschiedenen Regionen, Regine und Marlis aus dem solothurnerischen, Silvia aus Interlaken, Priska aus ichweissnichtmehrwoher und Pia aus dem Zugerland.
So langsam macht das Üben auch immer mehr Spass, auch wenn wir beim letzten Durchgang etwas müde waren.
So langsam können wir uns Helsinki vorstellen.
So langsam geht's los.
Am Sonntag, 21. Mai 2015 trafen sich beide Gruppen GG35+ und GG55+ noch einmal zur Premiere am Kantonalen Turnfest Schaffhausen in Dörflingen. Somit waren wir bereit für Helsinki.
Wie bringt man 3900 Schweizer in 3 Tagen nach Helsinki? Man bucht alle auf Linienflüge, die meisten mit einer Zwischenlandung, ganz wenige direkt. Fürdie Baselbieter GG35+ war es via Amsterdam mit KLM und via Riga mit Baltic.
Wie bringt man 3900 Schweizer ins Stadion? In 7er Kolonne und endlos lang.
Die Gymnaestrada ist ein vom Weltgymnastikverband (FIG) organisiertes Turnfest, welches alle 4 Jahre stattfindet. Die Teilnehmer aus der ganzen Welt zeigen verschiedenste Vorführungen, welche aber nicht bewertet werden. Die Schweiz stellt traditionellerweise eine grosse Teilnehmerzahl.
Die Gymnaestrada gibt es seit 1953 (Rotterdam, 14 Nationen und 5000 Teilnehmer). In Helsinki (55 Nationen, 21000 Teilnehmer) fand das Fest der Turnenden zum 15. Mal statt. Die Veranstaltungsorte in der Reihenfolge ab 1953 sind: Rotterdam, Zagreb, Stuttgart, Wien, Basel (1969), Berlin, Zürich, Herning, Amsterdam, Berlin, Göteborg, Lissabon, Dornbirn, Lausanne und Helsinki. Die nächste Gymnaestrada wird 2019 wieder in Dornbirn (Vorarlberg) stattfinden.
Die Liste der teilnehmenden Staaten ist beeindruckend lang, in Helsiki waren dies: Argentina, Australia, Austria, Azerbaijan, Belgium, Brazil, Canada, Chile, China, Czech Republic, Denmark, Dominican Repuplic, Estonia, Finland, France, Germany, Great Britain, Greece, Honduras, Hong Kong, Hungary, Iran, Israel, Italy, Japan, Korea, Latvia, Lichtenstein, Lithuania, Malaysia, Mexico, Mongolia, Netherlands, Norway, Peru, Portugal, Puerto Rico, Qatar, Russia, Singapore, Slovakia, Slovenia, South Africa, Spain, Sri Lanka, Sweden, Switzerland, Thailand, Trinidad and Tobago, USA Uzbekistan, Zimbabwe.
Die grösste Delegation stelle Finnland mit 4000 Teilnehmern, dicht gefolgt von der Schweiz mit 3900 Aktiven. Von den 21000 Teilnehmenden waren 80% weiblich und 20% männlich. 65% schliefen in Schulen, welche für diese Woche als Unterkunft dienten.
Zusammengerechnet gab es während 13 Stunden Vorführungen von Grossgruppen, 700 Gruppenvorführungen wurden parallel in bis zu zehn Arenen gezeigt. 200 Mal wurden in der Stadt Bühnenvorführungen gezeigt.
Gymnaestrada Querschnitt
Verschiedene Aufführungen (wir sind auch dabei!)
(Video ca. 11 Minuten)
https://www.youtube.com/watch?v=RO-QeSRDNvI&feature=youtu.be
Nach dem Turnfest in Biel (2013) kam die Frage auf, machen wir mit bei der Gymnaestrada? Sechs Muttenzer sagten ja dazu und standen auch die vielen Trainings in Muttenz, Frenkendorf und Liestal durch. Dazu kamen Zusammenzüge in Olten und Luzern und die Premiere in Dörflingen. Die Vorführung bestand aus 3 Teilen, dem Intro (zusammen mit der GG55+), der Schlauchvorführung und dem Finale (wieder mit denn 55ern). Unsere Grossgruppe bestand aus 680 Teilnehmer aus der ganzen Schweiz. Wir Baselbieter waren 38 und nach den vielen Trainings waren wir ein Team geworden und kannten uns alle.
In Helsinki konnten wir die gesamte Vorführung dreimal vortragen, zusätzlich kam dann noch das Finale anlässlich des "Midnight Sun Special", welches im grossen Olympic Stadion vor fast vollen Rängen ausgetragen wurde.
So viele Leute geordnet auf das Feld zu bringen erforderte eine gute Organisation, jede und jeder wusste seinen Platz auf dem Feld, bei mir war das X29 bei der Schlauchübung und X32 beim Finale. Der Einmarsch wurde so vorbereitet, dass diese Punkte möglichst kreuzungsfrei erreicht werden konnten.
Es ist ein spezielles Gefühl, vor Publikum einzulaufen, immer in Gedanken, was kommt als nächstes. So einfach das auch ausschauen mag, es braucht Konzentration und die richtigen Schritte im richtigen Moment. Kleine Fehler mag's leiden, grosse nicht. Eindrücklich ist es dann, wenn man das Publikum zu spüren bekommt, wenn man hört, dass das ganze Stadion mitmacht, dann werden Emotionen wach, dann kommt Freude auf.
Die Zeit neben unseren Vorführungen nutzten wir auch um die vielen Gruppen zu sehen, welche jeweils parallel in verschiedenen Arenen ihr Programm vorführten. Mit dem Programmheft in der Hand noch die besten heraussuchen, alle 20 Minuten kommt die nächste Gruppe, bei den besten muss man rechtzeitig da sein, um noch einen Platz zu finden.
Die Vorführungen fanden auf hohem Niveau statt, sie zeigten auch kulturelle Unterschiede (europäisch, amerikanisch, asiatisch) auf, was das Ganze auch bereicherte.
Muttenzer Beteiligungen fanden wir bei der Kantonalen Gymnastik Gruppe Baselland (Silvia Maurer) und bei den Berner Senioren (Hans von Gunten, in Muttenz zugezogen und aktiver Männerriegler).
In der "Helsinki Ice Hall" fand am Montag der Schweizer Abend statt, wir hatten Tickets für die Nachtvorstellung um 21:00h. Unter dem Thema "Gymnastics is relative" wurde ein 90-minütiges Programm mit 14 Nummern und 650 Teilnehmern aus der ganzen Schweiz geboten.
Weitere nationale Abendvorstellungen waren: Dienstag "Portugal & Brazil" und "Nordic Countries", Mittwoch "Pan-American Continental" und "Japan" (alle konnten wir nicht besuchen...).
Inspiriert durch das Licht der finnischen Sommernächte und als Tribut der Grossgruppen fand dieser Anlass statt. Wir waren dabei, diesmal als Aktive. Zusammen mit Gruppen aus Finnland, der Slowakei, Deutschland, Norwegen, Dänemark und dem World Team zeigten wir unser "Finale" unter dem Titel "Let's move together".
Zuerst die Hauptprobe um 18:00h und danach nach 21:00h die Vorführung vor nahezu vollen Rängen im Olympic Stadium. Es war ein besonderes Gefühl vor so viel Publikum unser Programm vorzuführen, man spürt das Publikum und hört die Begeisterung während dem wir uns auf unsere Schritte konzentrierten.
Langsam ging die Woche dem Ende entgegen, am Freitagabend besuchten wir noch die FIG Gala, wieder in der "Helsinki Ice Hall". Geboten wurden 20 Gymnastikvorführungen mit Teilnehmern aus 18 Ländern, wieder auf hohem Niveau unter dem Thema "Live, Love & Laugh". Mein Kommentar dazu: "Die Post ging ab", sowas hatte ich noch nicht gesehen.
Mit dabei aus Muttenz waren: Domenique Ebneter, Rita Mauroner, Urs-Martin Koch, Doris Vogt, Vreni und Karl Flubacher (GG35+); Charlotte Graeser (GG55+); Silvia Maurer (Kantonale Gymnastikgruppe Baselland), Nelly Besutti (OK STV), Hans von Gunten (noch bei den Bernern, da frisch in Muttenz zugezogen). Erstaunlich, dass wir uns immer wieder irgendwo getroffen hatten!
Neben den Vorführungen blieb auch genügend Zeit, um die Stadt zu erkunden. Für's Nachtessen suchten wir jeweils ein gutes Restaurant, was in grösseren Gruppen neben all den anderen Teilnehmern aus allen Ländern nicht immer ganz einfach war. Die finnischen Nächte sind aber lang und so fanden wir, manchmal auch etwas später einen freien Platz, meist umgeben von anderen Aktiven aus allen Ländern. Es kam uns vor, als wären die Bewohner von Helsinki nicht auf so viele Besucher vorbereitet, jedenfalls Anfang der Woche. Später denke ich, haben die Finnen gemerkt, dass die halbe Welt zu Gast war.
Wenn wir gefragt wurden, wie viele Schweizer denn hier sind, waren die Leute meist überrascht. Ein japanischer Tourist fragte, ob die Schweiz zurzeit noch bewohnt ist, da ja alle in Helsinki sind.
Einige von uns machten eine Stadtführung, andere eine Bootstour oder riskierten eine Abkühlung im Meer. Abkühlung? Aus der Schweiz hörten wir von Temperaturen über 30 Grad, da wars bei uns so um die 20 Grad herum richtig angenehm.
Eine Besonderheit der finnischen Nächte war der Umstand, dass die Sonne erst nach 10 Uhr unterging und die Dämmerung sich dann bis fast um Mitternacht hinzog. Einmal etwas früher in den Schlafsack zu steigen erwies sich dann zumeist als Irrtum, statt spätabends war es dann schon frühmorgens. Und wenn das letzte Glas Bier einen dazu brachte um 4 Uhr früh kurz aufzustehen, war's draussen schon wieder hell. Nun ja, der Schlaf war etwas zu kurz gekommen.
Von der Schlussfeier haben wir uns noch einmal etwas von dem "Feuerwerk" an Darbietungen erwarten lassen, aber der Schlusspunkt war dann eher etwas ruhiger, die Militärmusik wollte einfach nicht aufhören und auch die Darbietungen zogen sich etwas in die Länge. Vermutlich hat sich das kumulierte Schlafmanko auch noch etwas ausgewirkt. Macht nichts, eine ereignisvolle Woche näherte sich dem Ende entgegen und da durfte der Ausklang schon etwas ruhiger ausklingen.
Am Sonntagabend zogen wir schon gegen neun Uhr abends in unser Quartier, nach finnischer Zeitrechnung noch fast am Nachmittag. Aufstehen war am Montagmorgen schon um 2:00h geplant. Zusammenpacken und um 3:00h mit dem Bus zum Flughafen, damit wir den Flug um 7:00h erreichen konnten. Geduld begleitete uns den ganzen Tag, auch als der Flug in Amsterdam eine ganze Stunde zu spät abflog. Der guten Laune tat dies keinen Abbruch. Via Zürich und Olten konnten wir uns dann im Regiozug auf fast allen Stationen von jemandem verabschieden. Schade, wir waren ein so gutes Team, das nun immer kleiner wurde. In Muttenz war unsere Reise dann nach 10 Tagen zu Ende. 10 gute Tage, 10 spannende Tage, 10 Tage die noch lange in unserer Erinnerung bleiben werden.
Es war so toll! Danke an alle, die mit dabei waren und danke an alle die uns diese 10 Tage ermöglicht haben.
Wir waren ein Superteam, danke an Anita, Charles, Christine, Christine, Christine, Christof, Claudia, Collette, Daniela, Daniela, Denise, Domenique, Doris, Elsa, Erika, Ester, Esti, Fränzi, Heidi, Irene, Iris, Karl, Koni, Lilian, Madlen, Michele, Moni, Nathalie, Rita, Sabine, Sibylle, Sybille, Sylvia, Tamara, Thomas, Tiziana, Urs-Martin und Vreni.
Die nächste Gymnaestrada wird (wie bereits 2007) wieder in Dornbirn, Vorarlberg stattfinden: 7.-13. Juli 2019